Markus Matern

360°-Panoramafotograf am Eisbach

Markus Matern ist ein Fotokünstler besonderer Art: Seine Leidenschaft ist die 360°-Panoramafotografie. Gerade unter Verwendung digitaler Medien, wie Websites, bietet diese Art der Fotografie ein völlig neues Erlebnis für den Betrachter: Ein zweidimensionales Foto ist plötzlich interaktiv und lädt dazu ein, jede Blickrichtung einzunehmen – als würde man den Kopf nach oben und unten bewegen und sich dabei auf der Stelle im Kreis drehen! Neben Foto und Video sind 360°-Panoramafotos ein eigenes, weil interaktives Medium. Mittlerweile hält Markus Vorträge dazu und erschafft durch spezielle Berechnung und Pol-Verlagerung perspektivische Kunstwerke. Eine seiner ersten Aufnahmen, bei der anstatt der Technik nun das Motiv im Vordergrund stand, ist am Eisbach entstanden. Dieses Werk ist mit der Grundstein für seinen Eintritt in die Panoramafotografen-Szene. Seit dieser Aufnahme legt Markus den Fokus auf das Motiv: Möglichst nur besondere Ereignisse und einmalige Situationen verwandelt er in 360°-Panoramaerlebnisse. Die erste Aufnahme von der Eisbachwelle ist auch heute noch eine seiner Lieblingsaufnahmen.

Seit wann und woher kennst du den Eisbach? Ich bin Ende 1996 nach München gezogen und habe die Stadt Stück für Stück zu Fuß und mit dem Fahrrad erkundet. Bei diesen Erkundungstouren bin ich auch einmal absolut zufällig am Eisbach vorbeigekommen. Es hat mich so beeindruckt, dass ich mindestens eine Stunde den Surfern zugeschaut habe. Seitdem war ich dort immer wieder zum Zuschauen, auch mit Besuchern, denen ich München gezeigt habe. Damals war der Eisbach für mich noch kein Fotomotiv, ganz einfach, weil ich damals noch gar keine Aufnahmen gemacht habe. Fotografie war noch keine Passion für mich.

Surfer auf dem Eisbach, Brückenaussicht in München
Wann und wie kam es zu deiner ersten 360°-Aufnahme am Eisbach? Das war doch eine deiner ersten 360°-Aufnahmen mit bewusster Motivsuche! 2001 hat mich ein Zufall zur Fotografie, speziell zur 360°-Panoramafotografie geführt: In meiner Kindheit hatte ich eine Leidenschaft für Lego, und da ich jetzt professionell als Programmierer tätig bin, war ich auf der Suche nach der Verbindung meines alten Hobbys mit meinem Beruf. Die Lösung war der Roboterbaukasten von Lego. Auf der Suche nach ausgefallenen Lego-Bauanleitungen. Dabei  bin ich auf einen Legoroboter gestoßen, in dem eine Fotokamera verbaut war: Ein Franzose hatte diesen Roboter konstruiert, nur um mit seiner speziellen Kamera 360°-Panoramaaufnahmen zu machen. Und dazu kam auch noch, dass ein Freund von meinem Bruder zufällig genau diese spezielle Kamera besaß. Also habe ich den Roboter gebaut und programmiert und bin damit zu dem Freund nach Frankfurt gereist, um seine Kamera in den Roboter zu integrieren und zu testen, ob die Aufnahmen mit dieser Konstruktion tatsächlich gelingen. Nach 3 Tagen habe ich mir selbst diese Kamera gekauft! Zunächst habe ich damit experimentiert ohne großen Anspruch. Die Technik und das Medium haben mich so fasziniert, dass das Motiv zunächst nicht im Vordergrund stand. 2004 kam die Wende als ich zum ersten Mal am World Wide Panorama Event zur Wintersonnenwende teilgenommen habe. Bei dieser Veranstaltung interpretieren Panoramafotografen auf der ganzen Welt ein vorgegebenes Motivthema und veröffentlichen ihre Aufnahme auf der zugehörigen Webseite Plattform. Bei meiner dritten Teilnahme war das Thema „water“ vorgegeben. Ab diesem Moment war das Motiv erstmals von Bedeutung für meine Fotografie. Ich habe versucht, „water“ für mich zu interpretieren und habe verschiedene Motive ausprobiert, z.B. verschiedene Brunnen in München. Dabei habe ich schnell festgestellt, dass schon vor Ort oder nach einer Aufnahme festgestellt, dass das Wasser nicht so wirklich sichtbar war. Es war zwar auf dem Bild, aber nicht im Vordergrund. Es war immer zu wenig Wasser und zu wenig spektakulär, weil es recht statisch war. Und dann habe ich mich daran erinnert, dass gleich um die Ecke der Eisbach mit den Surfern ist. Also bin ich an die Eisbachwelle für die Aufnahme gegangen. In diesem Moment habe ich den Eisbach das erste Mal aus einer ganz anderen Perspektive gesehen: Das Wasser als Zentrum des Motivs. Leider war es an diesem Tag bewölkt und nicht optimal zum Fotografieren. So habe ich auf gutes Wetter für den nächsten Tag, den letzten Tag des Events, gehofft. Als ich dann hin gekommen bin, habe ich coolerweise schon Zuschauer auf der Brücke gesehen und wusste, dass Surfer da sind. Ich hatte Glück, die Sonne strahlte und es waren einige Surfer im Wasser. Damit das Wasser im Zentrum der Aufnahme ist, habe ich das Stativ nicht auf der Brücke aufgebaut, sondern mit einem Einbeinstativ ca. 1,5 Meter weit horizontal über die Brüstung hinausgehalten. Damit ist die Brücke aus dem Fokus gerutscht zu Gunsten des Wassers. Die Aufnahme hat perfekt zum Motivthema „water“ gepasst.

Wie hat dich der Eisbach samt Umgebung dabei inspiriert? Der Kontrast zwischen Wassersport im Grünen und dem Urbanen. Unzählige Autos fahren auf einer großen Straße vorbei und die meisten wissen gar nicht, was auf der anderen Seite der Brückenmauer passiert. Dieser Kontrast ist einmalig. Es ist eben nicht nur ein Bach oder Fluss wie die Isar, wo kein Aha-Effekt möglich ist, sondern der Eisbach ist eine ganz spezielle und besondere Location. Mit meiner 360°-Panoramaaufnahme habe ich gehdass dC dass der Betrachter des Bildes einen Aha-Effekt haben wird – ein Bild, das dem Betrachter im Kopf bleiben wird. Das hat mich geprägt: Seitdem suche ich einmalige Ereignisse oder ganz besondere Locations als Motiv für meine 360°-Panoramaaufnahmen aus, so einmalig wie die Eisbachwelle mitten in München.

Bleibt dir dieses Bild im Kopf? Auf jeden Fall! Natürlich auch, weil ich mit der Aufnahme sehr zufrieden bin, trotz der vielen Nachbearbeitung. Aber ich wusste schon während der Aufnahme, dass sich die aufwändige Nachbearbeitung lohnen wird. Und das hat sie auch!

Was gefällt dir besonders an diesen Aufnahmen vom Bach? Das für den Unwissenden absolut unbekannte Neue, weil ein Großteil der Menschen gar nicht weiß, dass es die Surfszene am Eisbach gibt. Nicht nur die 360°-Aufnahme, sondern auch das Motiv selbst ist so ungewöhnlich. Ich versuche nun bei vielen Aufnahmen, dass der uneingeweihte Betrachter sich fragt, wie diese Aufnahme wohl zustande gekommen ist.

Künstlerischer Aspekt dabei? Der ungewöhnliche Blickwinkel , den man so als Beobachter nicht wirklich einnehmen kann oder zumindest nur mit einem extremen Aufwand. Man wäre ja in der Luft zwischen den Zuschauern auf der Brücke und den Surfern auf der Welle. Beim Betrachten der Aufnahme nimmt man eine besondere Ebene zwischendrin ein. Die Aufnahmetechnik aus der Luft mit dem Monopod zusammen mit dem Motiv Eisbachsurfen bietet einen einmaligen Aha-Effekt.

Persönlich sowie fototechnisch: Was fasziniert dich an der Eisbachwelle, der Umgebung, den Surfern und am Surfen? Das Flusssurfen bewundere ich sehr, aber dass ich selbst jemals auf einem Surfbrett auf der Eisbachwelle stehe – „no way“. Wenn dann müsste ich mich vorsichtig in kleinen Wellen am Meer rantasten. Die wenigsten werden direkt an der Münchner Eisbachwelle starten, weil diese Herausforderung viel zu groß ist mit Steinufern an beiden Seiten, die einen zwingen, sofort einen Turn zu machen. Das Coole an der Umgebung am Bach ist, dass nur 2m neben der Welle die große Prinzregentenstrasse ist, auf der unzählige Autos vorbeifahren, von denen nur ein Bruchteil weiß, was hinter der Brückenmauer passiert – das Urbane mitten in München. An den Surfern fasziniert mich, dass sie im Gegensatz zu früher jetzt verrückte Tricks machen und nicht mehr nur hin und her fahren. Eine Weiterentwicklung ist definitiv sichtbar. Interessanterweise kann ich da eine Parallele zu mir ziehen: Seit meiner ersten 360°-Panoramaaufnahme am Eisbach habe ich mich enorm weiterentwickelt, genauso wie die Surfer auf der Eisbachwelle. Fototechnisch reizt mich am Eisbach die schwierige Aufnahmesituation für ein gelungenes Panorama. Es ist schwer, die Kamera mit dem Einbeinstativ gleichmäßig horizontal über die Brück rauszuhalten. Die Lichtverhältnisse mit den Schatten unter den Bäumen und gleichzeitig der grellen Sonne darüber am Himmel sind schwer in 360°-Aufnahmen zu kombinieren. Während der Aufnahme stehe ich mitten zwischen den Zuschauern auf der Brücke. Mich bei der Nachbearbeitung dann herauszuretuschieren ist sehr aufwändig, ist aber mein Anspruch: Ich selbst will nicht auf den Aufnahmen erscheinen, außer bei ganz speziellen Events, wie heute mit dir im Interview.

Hast du das fertige 360°-Panorama vor Augen bevor du die Aufnahme gemacht hast? Ich versuche es, aber sehr oft werde ich vom Ergebnis überrascht – positiv aber manchmal auch negativ. Am Eisbach hat sich meine Vorstellung positiv bestätigt, dass dort viel Wasser in Bewegung ist. Bei dieser Aufnahme kommt das auch heraus.

Sind die Bewegungen der Surfer interessant für Panaromaaufnahmen? Beim ersten 360°-Bild eher nicht. Aber bei meiner zweiten Aufnahme im Frühjahr. Anlass war ein nachfolgender World Wide Panorama Event, der dieses Mal das Thema „diversity“ vorgab. Ich habe das Thema folgendermaßen interpretiert: Inspiriert von meiner ersten Aufnahme am Eisbach habe ich die selbe Location wieder gewählt, aber eben anders fotografiert – die Diversität der Location. Dazu noch die andere Jahreszeit bei dieser Aufnahme; außerdem stand ich bei der zweiten Aufnahme unten bei der Kastanie statt oben auf der Brücke; und ich habe nun die Bewegung des Surfers in den Fokus genommen anstatt der bewusst gewählten Bewegungsunschärfe vom ersten 360°-Bild. Die Dynamik, sobald ein Surfer mit Anlauf auf die Welle springt, die wollte ich einfangen. Auf dieses Motiv habe ich extra gewartet für die zweite 360°-Panoramaaufnahme.

Surfer auf dem Eisbach in München

Und der Nutzen für Betrachter: Welche Vorteile bietet diese 360°-Panorama-Aufnahme den Betrachtern gegenüber herkömmlichen Aufnahmen? Selbst ein Betrachter, der noch nie vor Ort gewesen ist, bekommt ein besseres Verständnis davon, wie es an diesem Ort und der Umgebung aussieht. Mit dieser Art der Fotografie kann ich Objekte ablichten, die sonst nicht fotografierbar wären, weil sie zu nah an der Kamera wären. Die Panoramafotografie bietet eine außergewöhnlich extreme Weitwinkelfähigkeit, bei der alles rundherum auf der Aufnahme festgehalten wird. Und das kann der Betrachter dann interaktiv nutzen, obwohl das Foto ja ein statisches Medium ist. Aber der Betrachter kann entscheiden, wie er was „um sich herum“ in der Aufnahme sehen will. Wie bei einer 360°-Videoaufnahme, allerdings mit dem großen Unterschied, dass der Anwender selbst die Kontrolle darüber hat.

Wie haben die Zuschauer auf der Brücke reagiert während deiner Aufnahmen? Waren da lustigste Fragen dabei? Ja, wenn ich Aufnahmen mache, stellen Zuschauer eigentlich immer fragen, wie z.B.: Warum ist die Kamera schief aufgestellt? Oder ob ich denn überhaupt etwas sehen würde. Ich schaue ja nur auf die ausgerichtete Wasserwage am Stativ. Ich muss auch nicht genau hinsehen, weil ich alles mit einer 360°-Aufnahme rundherum fotografiere. Das muss ich dann meist genauer ausführen.

Hast du Feedback zu diesem 360°-Panorama vom Eisbach bekommen? Ja, das Feedback aus der Panoramafotografen-Community war super nachdem ich die Aufnahme auf der Wettbewerbsplattform online gestellt hatte. Nicht jeder Teilnehmer bekommt Feedback zu seiner Aufnahme. Diese Aufnahme hat mir mehr Feedback eingebracht als andere Aufnahmen. Die Kombination aus Motiv und Aufnahmetechnik hat sehr viele begeistert. Der Eisbach ist den meisten unbekannt gewesen genauso wie die Technik mit dem das Einbeinstativ weit über die Brüstung der Brücke hinauszuhalten.

Wo ist diese Eisbachpanorama-Aufnahme zu sehen? Wie könnte diese Aufnahme die Szene lokal am Bach beeinflussen? Websites im Internet sind die beste Präsentationsmöglichkeit. Diese Aufnahme ist auf meinen Websites, auf Sites der Panorama-Community und natürlich auch auf eisbachwelle.de zu sehen. Einige aus der Eisbachszene werde auf diese Weise das erste Mal mit 360°-Panoramafotografie in Kontakt kommen und sehen, dass ihr eigener Sport sehr ungewöhnlich präsentiert wird – das ist zumindest einmal interessant. Denn jeder der Surfer ist schon einmal oben auf der Brücke gestanden und kennt die Perspektive genauso wie die, wenn er auf dem Brett steht und umherschaut sich umsieht. Aber die Perspektive dieser Panoramaaufnahme ist für jeden neu – sie ist zwischen Welle und Brücke. Andererseits bekommen Fremde, die nicht nach München kommen, eine viel bessere Vorstellung von der ganzen Eisbach-Location.

Wie wirkt sich die Aufnahme auf die Bedeutung des Eisbachs außerhalb Münchens und im Ausland aus? Die Teilnahme am World Wide Panorama Event war ein Erfolg für mich und die Eisbachwelle ist über diese Aufnahme weltweit in der ganzen Panorama-Community bekannt geworden!

Wie viele Eisbachsurfer schätzt du gibt es insgesamt in München? Immer mehr; ich verfolge die Entwicklung ja schon relativ lang. Also wenn oftmals 20 Surfer an der Welle gleichzeitig anstehen und jeden Tag von früh bis spät gesurft wird, dann müsste es etwa 250 bis 300 aktive Surfer geben.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du jemanden mit Neo & Board unterm Arm durch München ziehen siehst? Da weiß ich ganz klar wo der hin will. Einige haben sogar extra Surfboard-Halter am Fahrrad. Für mich gehört das schon fast zum Stadtbild!

Wie Markus Matern diese besonderen 360°-Panorama-Aufnahmen vom Eisbach technisch erstellt, könnt ihr unter folgenden LINKS nachlesen:

Homepage von Markus Matern:
http://www.panobotics.de/

Homepage von Markus Matern bei 360cities.net:
http://www.360cities.net/profile/markus-matern

Homepage von Markus Matern beim WWP:
http://www.worldwidepanorama.org/worldwidepanorama/wwppeople/html/MarkusMatern.html

Oder fragt Markus einfach direkt, wenn er am Eisbach ist oder per Email an markus.matern @ eisbachwelle.de