Heiko Pfisterer
Eisbach River Surfboard Shaper seit 2007
Das Surfbrett ist das Heiligtum vieler Surfer. An andere Surfer verliehen wird das eigene Board am Eisbach nur mit großen Bedenken, wenn überhaupt. Man ahnt schon: „Verleihe dein Surfbrett und du wirst es bereuen.“ Besonders am Eisbach mit seiner starken Strömung, die ungebremst gegen Steinbrocken am Grund und raue Mauern am Ufer presst. Einfach beschrieben sind die meisten Surfboards mehr oder weniger aus einer Art Styroporschaum mit dünnem Glas ummantelt, also extrem fragil. Der Eisbach ist die reine Surfboard-Schreddermaschine! Ob Anfänger oder Profi, wer am Eisbach surft oder länger zusieht kennt das Problem: Das Surfboard geht früher oder noch früher kaputt. Entweder zerfetzen die Steinufer die Surfbrett-Rails oder Finnen werden rausgeschlagen; nicht selten zerbrechen Boards sogar in Einzelteile. Wer auf Risiko surft, verschleißt viele Surfboards in kurzer Zeit. Surfbretter bekannter internationaler Hersteller haben im Neu- wie im Gebrauchtzustand ihren stolzen Preis. Umso schmerzlicher ist dann jede Schramme am geliebten Surfbrett. Local Eisbach-Surfer und Artist Heiko Pfisterer hat 2007 beschlossen, sich in seiner Leidenschaft am Surfen durch Kosten für immer neue Surfboards nicht mehr ausbremsen zu lassen. Warum ein Markenboard kaufen, wenn ich selbst die Materialien günstig besorgen und mir immer wieder gleich ein neues Board bauen kann? Lieber öfter neu als ständig zu reparieren und alt. Und warum nicht ein eigenes Surfbrett entwickeln, dessen Form optimal auf die Eigenschaften der Flusswelle am Eisbach zutrifft? 2007 gründet Heiko als Shaper die Local Brand PT Surfboards in München: Surfboards extra für das Riversurfen. Mittlerweile sieht man in vielen Surfsessions am Eisbach Surfboards mit PT-Logo oder Schriftzug „PT Surfboards“ – manchmal eines, oft auch mehrere PT-Bretter; tagsüber genauso wie nachts. Aus welchen Shaper-Händen kommen diese Fluss-Surfbretter?
Interview mit Local River Surfboard Shaper Heiko Pfisterer
Seit wann surfst du am Eisbach? Seit Herbst 2006.
Woher kanntest du den Eisbach? Vom Eisbach habe ich im Stormrider Surfguide gelesen und bin extra deswegen 2004 zum Studieren nach München gezogen. 2003 war ich das erste Mal am Eisbach. Ich konnte zwar schon im Meer surfen, hatte aber großen Respekt vor der Eisbachwelle und den Locals. Bei meinem ersten Besuch am Eisbach, fragte mich ein Lokal ob ich nicht auch reinkommen will. Nach dem ich klargestellt habe, dass ich völliger Flussanfänger bin, hat er mir die Floßlände zum Anfangen empfohlen. Das war es: Von da an bin ich zwei Mal im Monat extra von Ulm nach München zum Surfen an die Floßlände gekommen. Ab 2004 habe ich dann in München gelebt und studiert und konnte öfter Surfen gehen. 2006 bin ich dann von der Floßlände an den Eisbach gewechselt.
Wann und wie kam es zu der Idee River Surfboards für den Eisbach zu shapen? 1997 habe ich in Frankreich am Meer mit Surfen angefangen. Die Idee zum Shapen kam schon auf einem der ersten Frankreichtrips. Das hat mich irgendwie fasziniert. Als mein altes Floßländen-Surfboard gleich im Herbst 2006 in meiner Anfangszeit am Eisbach in seine Einzelteile zerfallen ist, habe ich es grundrenoviert. Es hat dann immerhin noch für vier Monate bis in den Winter hinein gehalten. Ein neues Board zu kaufen war mir zu schade für den Eisbach. Wenn man Gas gibt auf der Welle, ist das Board immer sofort kaputt. Im Januar 2007 habe ich mir dann ein gebrauchtes Fatum Surfboard für den Eisbach gekauft – aber das war irgendwie auch nicht meins. Das hat mich motiviert, mir ein eigenes Riversurfboard zu shapen. Ich wollte einfach mal ein Wellenreitbrett bauen. Ich hatte anfangs also nicht den Anspruch, dass es besser sein müsste als die anderen Flusssurfbretter. Das Shapen habe ich mir selbst beigebracht: Dazu habe ich mir alle möglichen Anleitungen und Videos besorgt und eine erste Outline mit einer speziellen Shapedesign-Software am Computer gestaltet. Im April 2007 habe ich endlich mein erstes Board mit dieser Outline geshaped. Mir war klar, dass die ersten Surfboards eher nichts werden würden. Allerdings ist es für das erste Board überraschend gut geworden. Dieses erste Brett war eher für das Surfen im Meer gemacht. Das zweite Board war als 5`9 extra für den Eisbach geshaped: Ein spezielles River-Surfboard. Im Vergleich zu den Boards, die ich jetzt produziere, ist es eine Gurke – aber es surft! Zum Shapen habe ich mir gleich zu Anfang ein richtiges Gestell gebaut und ich habe mir schon für das zweite Surfbrett einen Elektrohobel im Baumarkt besorgt. Das hat die Arbeit stark vereinfacht und der Hobel hat immerhin für die ersten 50 Surfboards gehalten. Für die Formen meiner Flusssurfbretter orientiere ich mich immer an Boards, die mir gut gefallen. Und dann passe ich es für die Eisbachwelle und den jeweiligen Surfer noch an. Am Anfang hatte ich natürlich noch wenig Vertrauen in meine Fähigkeit und ich hatte kein Startkapital. Aber die Local Surfers von der Penis-Trigger-Crew haben mich kräftig unterstützt: Sie haben mir das Geld fürs Material vorgeschossen und ich habe ihnen im Gegenzug Eisbachboards gebaut. Wenn ich ein Board fehlproduziert hätte, hätten sie das Geld zurück bekommen. Ohne die PT-Crew würde es mich als Shaper und PT Surfboards nicht geben.
In wieweit hat dich der Eisbach zum Shapen inspiriert? Der Eisbach war der Auslöser: Aus eigner Erfahrung als Eisbachsurfer habe ich von Anfang an schmerzlich erfahren müssen, dass die Surfboards sofort kaputt gehen, wenn man versucht, etwas radikaler zu surfen. Jede Berührung von Surfbrett und Steinwand, Untergrund oder Holzbalken schmerzt. Ein teures neues Markenbrett wollte ich dafür also nie verwenden. Das hat mich so gelangweilt, dass ich gesagt habe: Jetzt probiere ich es und shape mir möglichst gut und günstig mein eigenes River-Surfboard; und wenn das kaputt ist, dann baue ich mir einfach wieder ein günstiges neues Board. Meine Hauptmotivation zum Shapen war also, mit möglichst günstigem Material den Eisbach rocken zu können. Nicht über das Material nachdenken müssen, sondern mit Action surfen. Das ist nach wie vor meine Philosophie. Ich möchte die Preise weiterhin am Eisbach niedrig halten, obwohl ich die Flusssurfbretter hier in Deutschland herstelle, wo auch die Materialkosten hoch sind. Die andere Quelle der Inspiration waren meine Surffreunde: Die PT-Jungs. Sechs Jungs, sechs völlig unterschiedliche Fahrstile und Körpermaße. So konnte ich schnell unterschiedliche River-Surfboards für unterschiedliche Anforderungen shapen und testen lassen. Jeder surft natürlich jedes Brett, mich eingeschlossen. Auch andere wie Gerry oder Tao geben immer wieder Feedback.
Du hast unter deiner Local Brand PT Surfboards spezielle Riversurfboard-Shapes für das Flusssurfen entwickelt. Welche Riversurfboard-Modelle shapest du? Momentan gibt es das „Basic“, der Grundshape als Allarounder. Dann shape ich das „Psyko“ Riversurfboard, ein von vielen am Eisbach gefahrenes Modell. Das Psyko fahre ich selbst am Eisbach. Es ist ideal für meine Fahrweise mit viel Power auf dem vorderen Fuss. Dagegen wird das Flusssurf-Modell „Lancer“ viel über den hinteren Fuss gesurft. Der River-Surfboard-Shape „Gorilla“ hat ein Bat-Tail. Dieses Modell wird eher mit ausgewogener Belastung auf vorderem und hinterem Fuß gefahren. Und dann biete ich noch seit 2010 den Flusssurfbrett-Shape „Rabbit“ für die eher schwache Welle an der Floßlände an. Es hat mehr Volumen und ist breiter und hat damit viel Auftrieb. Ja, und dann gibt es noch das Myotis, das ich eigentlich für das Meer designed habe. Aber das Myotis wird seit kurzem auch am Eisbach gesurft, gell Quirin. Als Finnen-System verbaue ich am liebsten Future Fins. Die halten den Steinmauern am Eisbach am besten Stand. Zumindest brechen statt der Finnenkästen wenigstens nur die Finnen ab. Einige Boards baue ich mit Quad-Fins. Details findet man bei mir auf meiner Website.
Du hast also mittlerweile einige Standard-Shapes. Fertigst du auch Custom Surfboards? Eigentlich braucht jeder Surfer für seinen Stil und seine Körpermaße für den Eisbach ein individuelles Surfbrett. Und je nachdem ob die Welle gerade Power hat oder nicht, eignet sich eigentlich auch der eine Shape dann besser als der andere. Es kommen viele Faktoren zusammen. Allerdings decke ich mit den unterschiedlichen Riversurfboard-Shapes aus meinem Portfolio eine große Vielfalt ab. Es ist also für jeden etwas dabei. In einigen Fällen kann es allerdings schon Sinn machen, einen Shape individuell anzupassen. Und das ist auch eine Herausforderung, die ich sehr gerne mag. Wichtig ist für einen Surfer, Bretter zu testen und zu vergleichen. Deshalb biete ich oft unterschiedliche Boards zum Testen an. Danach kann dann individuell diskutiert werden, was an dem ein oder anderen Board gut ist oder verbessert werden könnte für diesen Surfer. Wenn ich den Surfer zusätzlich am Eisbach beim Surfen beobachten kann, sind das die optimalen Voraussetzungen, um das perfekte Flusssurfbrett für diesen Surfer zu bauen. Das musste ich natürlich erst lernen und mach es nach wie vor. Klar, anfangs sind die Shapes dann noch nicht ganz so gut geworden wie jetzt; ein Lernprozess, der immer weiter geht. Wenn einmal ein Board nicht optimal wird, stehe ich dazu und revanchiere mich dafür. Anfangs habe ich die Boards zum reinen Materialpreis verkauft: Da sind auch immer wieder Boards nicht ganz optimal geworden. Aber für den Preis war das OK. Heute verlange ich nur etwas mehr als die Materialkosten, dafür sind die Boards jetzt sehr viel besser. Je mehr Boards man shaped, desto besser wird man.
Welches Material verwendest du? Das Material ist sehr wichtig beim Surfbrettbauen. Dazu gehört viel forschen und viel organisatorische Arbeit, einschließlich Einkaufspreise verhandeln, Ware bestellen, verschiedenes Material in der Verarbeitung testen, shapen und dann auch Testfahrten auf der Welle machen. Ich achte schon immer darauf gute Qualität möglichst günstig zu bekommen. Anfangs war der Schwerpunkt auf günstig gelegt. Das war ja meine Motivation: möglichst günstig Riverboards zu bauen, weil sie eh schnell kaputt gehen am Eisbach. Anfangs war auch mal nicht so gute Qualität dabei. Mittlerweile habe ich gute Materialien zu guten Preisen gefunden. Gerade mit den Blanks musste ich viel experimentieren bis ich den richtigen Schaum nun gefunden habe. Manche sind leicht gebrochen, andere sind schnell im Kern weich geworden. Aktuell bin ich sehr zufrieden mit den Blanks von Homeblown aus UK. Ich habe schnell festgestellt, dass der Schaum viel bessere Performance zeigt und 10% stabiler ist als die der anderen Hersteller. Leider sind sie schwerer zu verarbeiten, was ich aber in Kauf nehme. Alle anderen Materialien beziehe ich direkt aus Frankreich. Einen ganz großen Fortschritt habe ich mit UV-härtendem Harz gemacht. Das verwende ich nun statt Flüssighärter. Damit habe ich viel bessere Verarbeitungszeiten und kann so perfekt laminieren. Außerdem hat dieses Harz viel mehr Kristallisationskeime – so werden die Surfboards sehr viel stabiler. Meiner Meinung nach ist Futures Fins das stabilste Finnen-System. Seit 2010 verarbeite ich für bessere Stabilität Karbongewebe an der Standfläche am Tail.
Machst du auch CAD-basierte Shapes? Ich habe mir schon ein paar Boards pre-shapen lassen. Das ist aber nicht optimal, weil ich es jedes Mal noch individuell nach-shapen musste. Die vorgeshapeten Bretter haben mir nie so richtig gefallen. CAD-basiertes Shapen ist keine Alternative für mich: Mir macht das Shapen ja Spaß. Ich mache das lieber von Hand. CAD-basiertes Shapen ist auch eine Kunst für sich. Ich verwende natürlich auch eine Softwareprogramm zum Designen der Shapes. Aber ich habe keine eigene CNC-Fräse. Das ist eine andere Art des Shapens, die sich besonders für Massenproduktion eignet. Auch mit Vakuum-Bagging habe ich schon gearbeitet – sehr spannend und sehr stabil, unkaputtbar und ultraleicht, da das ganze überschüssige Harz rausgesaugt wird und das Gewebe perfekt bindet. Aber das ist sehr aufwendig und teuer. Das rentiert sich für mich nicht. Lieber Boards günstiger bauen und dafür immer wieder ein Neues shapen und surfen.
Wieviele PT Surfboards sind bereits im Einsatz am Eisbach? In den ersten 2 Jahren habe ich 44 PT-Teamboards plus 26 verkaufte Boards gemacht. Und nur für mich selbst habe ich 11 Boards in der Zeit gebaut. Insgesamt also 81 in den ersten 2 Jahren. Und insgesamt sind jetzt im April 2010 gut 120 Boards im Einsatz. Aktuell habe ich wieder eine Bestellung über 14 Riversurfboards, die bis Ende April geshaped werden.
Für Details oder Shape-Anfragen könnt ihr Heiko direkt erreichen unter der Email: heiko.pfisterer @ eisbachwelle.de
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