Dieter Verstl

Eisbach Surf-Fotograf seit 1995

dieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-7Bei den Eisbachsurfern ist Dieter wohl einer der bekanntesten Fotografen am Bach: Fast jeden Tag schießt Dieter Action-Fotos von den Flusssurfern und verteilt die Aufnahmen auf CDs gebrannt. Einige Surfer sagen, sie haben noch nie zuvor Aufnahmen gesehen, bei denen jeder Wassertropfen derart scharf festgehalten ist, wie bei Dieters Aufnahmen. Die Aufnahmen schenkt er den Surfern und ist glücklich, durch seine Objektive blickend mitsurfen zu können. Als ehemaliger Wildwasserkajaklehrer ist Wasser sein Element. Seit über 50 Jahren fotografiert Dieter leidenschaftlich. 1995 hat der Eisbach auf einen Schlag sein Leben verändert! Jetzt träumt er nachts vom Eisbach.  

Seit wann kennst du den Eisbach? Erst seit 1995 weiß ich, dass man die Welle am Eisbach richtig surfen kann. Den Eisbach zum Baden und dass es da so etwas wie eine Welle gibt, das weiß ich schon immer – aber zum richtig Surfen, das war mir neu. Flusssurfen kenne ich schon seit den 70ern: Ich war zum Kaiaken u.a. immer an der Floßlände. Dort habe ich auch Kajak-Kurse gegeben. Das war mein Sport und meine Leidenschaft neben Fotografieren. Wasser war schon immer mein Element. Auf der Floßländen-Welle waren in den 70ern schon Surfer, auch an der noch kleineren Welle ein Stück weiter oberhalb der Floßlände, wo sich die Surfer mit einem am Ufer befestigten Seil als Hilfsmittel in der Welle halten konnten. Aber auf dieser schwachen Welle zu surfen, immer nur langsam hin und her fahren, das fand ich recht unspektakulär. Beim Kajaken sind wir ja Wildwasser gefahren und Wasserfälle gesprungen. Ich habe auch nie verstanden, warum bei höherem Wasserstand auf der Isar nie jemand mit Wellenreitbrett gesurft ist. Damals gab es da auf der Höhe der Floßlände ein paar schöne, sanfte,dieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-6 völlig ungefährliche Wellen. Es hat lange gedauert bis ich die ersten Surfer auf diesen Wellen gesehen habe. Also das River-Surfen, das ich damals kannte, fand ich nicht spannend. Als ich dann zufällig Jahre später das erste Mal am Eisbach war und gesehen habe wie die Surfer dort die Power und Geschwindigkeit der Welle umsetzen, da konnte ich das gar nicht glauben. Das ist Surfen, das hat mich umgehauen. Bis 1995 wusste ich nichts davon, dass die Eisbachwelle so viel Energie hat und dass dort richtig gesurft wird.

Du kanntest den Eisbach also schon immer, die dir damals von der Floßlände bekannte Form des Surfens hat dich aber nie motiviert, an den Eisbach zu schauen oder gar jemals River-Surffotos zu machen. Wie kam es dann 1995 doch noch dazu, dass du den Eisbach und die Leidenschaft für Riversurf-Fotografie entdeckt hast und alle Surfer mit Traum-Fotos beglückst? Die Leidenschaft für Fotografieren habe ich schon seit über 50 Jahren. Schon in der Jugend war ich immer auf der Suche nach Motiven mit viel Geschwindigkeit und Power. Unvergesslich sind Situationen beim Fotografieren der Formel 1. dieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-4Damals sind wir z.B. extra nach Barcelona gereist und haben uns heimlich unter die offiziellen Profifotografen gemischt, nur um diese Momente, diese Geschwindigkeit von den besten Positionen aus fotografisch festzuhalten – direkt unter der Leitplanke lauernd möglichst nah dran. Aber immer nur als Hobby. Ich habe fast ausschließlich Schwarz-Weiß-Aufnahmen gemacht. Das war erstens günstiger und zweitens auch einfacher zu verarbeiten als Hobbyfotograf. Die Fototechnik war damals ausschließlich analog. Beruflich war ich auch nah an meinem Hobby: Immer im Bereich „Grafik“ als „Chemie-Graph“ und „Offset-Lithograph“ ganz nah an der Fotografie und Reprofotografie. Die damalige analoge Technik wurde in den letzten Jahren von der digitalen Technik abgelöst und damit ist mein Berufsfeld weitgehend weggebrochen – zum Glück hat es noch bis zu meiner Rente gehalten! 1995 hatte ich eine kleine Digital-Kamera. Und als ich, wie so oft, beim Fotografieren in München unterwegs war, bin ich zufällig auch am Eisbach vorbeigekommen. Von der Ferne habe ich schon eine Menschentraube auf der Brücke gesehen und habe mich gewundert was da los ist. Ich kannte ja den Eisbach, aber nie zum Surfen. Und auf einmal stehen da lauter Menschen. Da musste ich natürlich hingehen. Als ich dann oben auf der Brücke stand und runter geschaut habe, da hat es mich fast umgehauen! Das war verrückt! Dieser Moment hat mein Leben auf einen Schlag verändert!

Wie hat dich der Eisbach dazu inspiriert, Flusssurf-Fotos zu machen, jetzt sogar als dein Hauptmotiv und Leidenschaft? Schon als ich das erste mal oben auf der Brücke stand, in diesem Moment habe ich direkt den Unterschied zwischen Surfen an der Floßlände, wie ich es bisher nur kannte, und Surfen am Eisbach gesehen. Und der Unterschied ist krass! Ich war sofort fasziniert von der Geschwindigkeit, den Bewegungen, von Brett- und Körperbeherrschung der Surfer. Und ein paar Tage später sehe ich dann den Tao beim Surfen – da war ich hin und weg. Von da an habe ich meinen Fokus beim Fotografieren auf den Eisbach gelegt.  Die Eisbachwelle und das Drumherum hat mich so motiviert, dass ich mich völlig in die digitale Fototechnik eingearbeitet habe. Die kleine Digital-Kamera war natürlich viel zu langsam für die schnellen Bewegungen beim Flusssurfen. Also habe ich mir eine richtige digitale Spiegelreflex-Kamera gekauft. Nur für die Fotografie am Eisbach! Dann musste ich mich natürlich mit Computern auseinandersetzen – das war völlig neu für mich. Ich habe mir extra einen Computer gekauft und mich da eingearbeitet und angefangen, die Fotos vom Eisbach zu bearbeiten: Mit der ACDC-Foto-Software. Ein super Programm, ich war begeistert. Mittlerweile arbeite ich mit Adobe Photoshop und mit der Nikon D700 Kamera. Dann habe ich der Reihe nach meine analogen Objektive durch digitale ersetzt und immer wieder neue Kameras gekauft – alles langsam technisch aufgerüstet. Nur um am Eisbach zu Fotografieren. Da bin ich voll eingestiegen.

Persönlich sowie fotografisch: Was fasziniert dich an der Eisbachwelle, der Umgebung, den Surfern und am Riversurfen in München? Die ganze Szene hat mich sofort fasziniert: Mitten in der Stadt surfen, das ist exotisch! Ich war sprachlos. Und wie die Leute zuschauen, die Wechselwirkung zwischen Leuten oben und unten.  Aber ich denke, das Sportliche war das herausragende Motiv für mich. Natürlich fasziniert mich das Gegenlicht und die Farben des Wassers: Der blaue Himmel spiegelt sich in der Welle und im Grün der Welle siehst du die kleinen blauen Flächen des Himmels dieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-1– Farbflächen wie bei Impressionisten und Expressionisten. Fototechnisch reizt mich die Geschwindigkeit, die das Wasser und die Bewegungen der Surfer haben. Es ist nicht einfach genau den richtigen Moment zu erwischen beim Auslösen. Das Auslösemoment ist bei Digital-Kameras ein bisschen langsamer als bei analogen von damals. Daher mache ich oft Serienaufnahmen. Die Schnelligkeit ist entscheidend am Eisbach. In den Augen der Surfer sehe ich, wann sie zu einem besonderen Manöver ansetzten. Darauf konzentriere ich mich die ganze Zeit. Bei den meisten Surfern weiß ich mittlerweile schon an deren Augenausdruck wann und welches Manöver im nächsten Moment kommt. Ich lebe da richtig mit. Ich muss die Konzentration des Surfers in seinen Augen sehen und muss ganz nah dran sein. Das packt mich. Manchmal habe ich sogar schon nachts von diesen Szenen geträumt!

Wie oft fotografierst du am Eisbach pro Woche etwa? Anfangs war ich jeden zweiten Tag da. Bestimmt. Mitte Oktober bis Ende Februar fällt das Licht leider nicht bis runter auf die Welle und ins Wellental. Da ist es eher schlecht zum Fotografieren. Außer bei viel Schnee und am besten mit Sonne gleichzeitig – da warte ich immer drauf.

Wie reagieren die Zuschauer auf der Brücke während deiner Aufnahmen? Manchmal fragen mich die Leute nach technischen Daten. Eigenartig war, als damals der Australier ertrunken ist und eine bekannte Tageszeitung fälschlich geschrieben hat, dass das an der Welle passiert ist, da haben die Leute auf der Brücke das aufgenommen und immer wieder über den verrückten Selbstmörder geredet. Die haben den für einen Surfer gehalten. Lustig ist, dass viele Jungs sich vor ihrer Freundindieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-5 wichtigmachen und reden nur Schmarrn. Die Zuschauer bewundern die Surfer schon.

Lustigste Fragen von Zuschauern während deiner Aufnahmen auf der Brücke? Manche fragen mich, ob ich etwas davon verstehe und ich erkläre dann die Konstruktion im Bach und dass die Seile von Experten getrimmt werden. Mit der Menge an Wasser die über die Welle schießt ist das schon anspruchsvoll und eher schwierig für Anfänger.  Gute Surfer wissen natürlich, wie man fallen muss, um sich nicht anzuhauen. Die Welle ist aber nicht wirklich gefährlich, weil es keinen starken Rücklauf gibt, in dem man hängen bleiben könnte. Trotzdem habe ich immer ein Messer dabei, nur für den Fall, dass mal jemand hängen bleibt: Dann kann ich schnell dessen Leash oder die Seile durchschneiden. Das kommt vom Kajaken: Da hatten wir immer einen Wurfsack mit 20m-Seil dabei, um es jemandem zuzuwerfen, der in einem Kehrwasser hängengeblieben ist. Dieses Problem hat es am Eisbach nicht. Außerdem schauen die Surfer aufeinander, z.B. wenn einer länger in Weißwasserwalze hängt, sind alle einsatzbereit. Das erkläre ich dann den Zuschauern auf der Brücke. Interessant ist auch, dass unter den Zuschauern überwiegen Frauen sagen, dass das doch verboten ist. Den Männern ist das eher immer egal. Oft wird das Verbotsschild mit Surfern im Hintergrund fotografiert. Und einige Leute haben mich schon gefragt: „Das ist doch verboten?“ Ich antworte dann immer, dass es geduldet wird.

Wie reagieren die Surfer während du fotografierst? Manche fragen nach Bildern und wissen, dass ich Fotos auf CDs verteile. Die meisten kennen mich schon.

Für wie viele Eisbachsurfer hast du etwa schon Foto-CDs gebrannt und verteilt? Fotos habe ich sicher schon 50.000 gemacht. An einem guten Tag wenn alles passt, dann sind schnell 1200 Aufnahmen gemacht, wovon nur 5 bis 10 etwas geworden sind. Wenn ich im Jahr insgesamt etwa 100 richtig gute Aufnahmen zusammenbringe, dann bin ich froh. Schlechte lösche ich, aber gute Aufnahmen brenne ich auf CDs und schenke sie den Surfern. Warum ich immer am Eisbach fotografiere wurde ich einmal gefragt. Da habe ich die Gegenfrage gestellt: „Warum surfst du am Eisbach?“ Es gibt viel Surfer. Manche kenne ich nicht namentlich. Aber Foto-CDs habe ich sicher schon für ein paar Hundert Surfer gemacht.

Wie viele Eisbachsurfer schätzt du gibt es insgesamt in München? Hab gehört, dass es zwischen 400 und 500 aktive Eisbachsurfer in München gibt.

Du erlebst die Surfszene am Eisbach als Fotograf mit umso schärferem Auge. Hat sich in den letzten Jahren die Szene geändert? Ich bin ja fast Surfer: Ich surfe in Gedanken ständig dieter verstl eisbach welle muenchen river surf fotograf-3mit. Ich komme ja vom Kajaken und das ist jetzt die Fortsetzung. Was ich feststelle ist, dass Nachwuchs im Kommen ist: Der Manuel gefällt mir sehr gut! Und dann ist da noch der Paul und der Simon. Man merkt auch, dass es insgesamt mehr Surfer werden. Vor 5 Jahren waren es lange nicht so viele.

Hast du Eisbachaufnahmen schon in Magazine oder andere Veröffentlichungen gebracht? Ich selber nicht. Nico hat Aufnahmen von mir für den Buster-Kalender 2010 verwendet. Über diesen Kalender werden die Eisbachaufnahmen mindestens deutschlandweit verbreitet.

Was geht dir durch den Kopf, wenn du jemanden mit Neo & Board unterm Arm durch München ziehen siehst? Ah super, des gfreit mi. find i guad! Super Motiv, wenn einer so über Strasse läuft. Mir gefällt das. Der Kontrast. Es ist mir bisher noch nicht gelungen ein richtig gutes Foto von dieser Szene zu schießen. Da bin ich dran.

Lustiger Schwank vom Eisbach? Einmal war eine Zuschauerin bei Kastanienseite so gebannt von den Surfern und hat so angespannt auf die Welle geschaut, dass sie hinter den Schultern ihres Mannes herausschauend ihrem Mann in die Schulter gebissen hat. Diese Aufnahme habe ich noch. Oder die Aufnahme wo ein Japaner auf der Kastanienseite seinen kleinen Jungen ganz ans Ufer gestellt hat und der Bub total entsetzt geschaut hat. Einmal war ein Scheich oder so mit langem goldgelben Gewand da. Der hat so fasziniert zugeschaut. Der ist richtig mitgegangen. Er war mit Bodyguards da. Und auf einmal hat er mich entdeckt wie ich ihn dabei fotografiere. Es ist interessant, wie Menschen so etwas merken, dass sie fotografiert werden. Das spürt man instinktiv.

Was war der interessanteste Tag am Bach aus fototechnischer Perspektive? Im Sommer 2009, der Tag mit Nadine, Toni und Dee Dee Wallauer, als Dee Dee für seinen Film „Ride On II“ gefilmt hat und ich fotografiert habe. Super Session: Alle sind super und konzentriert gefahren. Das war diese eine magische Stunde: Stimmung, Farben, alles hat gepasst.

Was sind deine 3 Lieblingsaufnahmen vom Eisbach? Da gibt es so viele, dass ich mich gar nicht recht entscheiden kann. Ich habe hier ein paar ausgewählt. Auf eisbachwelle.de sind auf einigen Seiten weitere Lieblingsbilder von mir zu sehen.