Wolfrik Fischer
Münchner Surfer seit den 70er Jahren
Als Teenager war Wolfrik in den 70ern einer der ganz frühen Skater und Surfer in München. 1980 hat ihm ein Surfunfall ein jahrzehntelanges Trauma beschert, das er nun mit Eisbachsurfen geheilt hat. Neben Eisbachsurfen und seinem Beruf als Spezial-Effekter für Foto, Film und Werbung entwickelt Wolfrik Finnen extra fürs Riversurfen. Gerne surft er mit den jungen Aktionsurfern, freut sich aber immer, alte Gesichter vom „Altherrenstammtisch“ beim Eisbachsurfen zu sehen. Nach einem Ride steigt Wolfrik gerne trocken aus dem Wasser!
Seit wann bist du am Eisbach? Nach vielen Jahren Pause, seit 2002 wieder dort: Times are changing, people as well. Am Eisbach bin ich eigentlich ja schon seit meinem 15 Lebensjahr, also seit 1977. Damals sind wir mit einem Holzbrett und Seil gegen die Strömung am Eisbach gesurft, mal bei der Schülerwiese, mal direkt bei der Brücke, wo später dann die Welle stand. Leider kam es schon 1980 zu einem Surfunfall am Meer, der mich jahrzehnte lang traumatisiert hatte (mehr dazu im Interview Local Brand Driftwood-Fins).
Wie kamst du 2002 nach all den Jahren wieder dazu? Ein längst vergessener Traum wurde durch meinen älteren Sohn wieder zum Leben erweckt. Man nimmt ein Board, stellt sich drauf und surft! So macht man das! Wenn man´s nicht kann, oder wie bei mir nicht mehr glaubt zu können, geht man nicht an den Eisbach. Allerdings hat mich der Bach in gewisser Weise von einem Trauma erlöst, fast schon dazu gezwungen – wer will schon freiwillig in´s Holz knallen!
Was bedeutet der Eisbach und die Welle für dich und dein Leben in München? Als gebürtiger Haidhauser mit einem alten Freundeskreis in Schwabing war der Eisbach schon von klein auf die örtliche Mitte. Seit ich in Schwabing wohne und (wieder) surfe ist er ein automatischer, fast unbewusster Magnet. Ich komm nicht drum rum immer wieder vorbei zu schauen, mit oder ohne Brett. Die Gedanken drehen sich als IGSM Gründungsmitglied aber eh das ganze Jahr drum rum. Ja, und dann stecke ich natürlich noch jede Menge Zeit und Gedanken in die Entwicklung und Herstellung meiner ganz besonderen River-Surf-Fins. Mit Driftwood-Fins habe ich also zusätzlich zum Surfen auch einen spielerisch-künstlerischen Draht zum Eisbach.
Und das Adrenalin beim Eisbachsurfen? Vor der Session eher wegen dem Gedanken, wie viele und welche Leute da sind. Das Surfen selbst ist für mich eher Meditation, danach rauscht es dann aber meistens doch durch die Adern, vor allem wenn was vorwärts geht.
Hast du fürs Eisbachsurfen schon mal deine besten Freunde vorsätzlich versetzt? Jep, aber am schlimmsten ist es, sich überhaupt entscheiden zu müssen!
Neben Surfen deine liebste Tätigkeit in München? Im Sommer im Egarten in der Sonne liegen und nix tun; im Winter bis zum nächsten Glühwein Spazieren gehen und wieder zurück.
Lebensunterhalt: Spezialeffekter für Film, Foto und Events und selbstständig.
Und wie ist das zeitlich mit dem Eisbach vereinbar? Der „andere“ Job ist ja Finnen fürs Flusssurfen zu bauen – damit lässt sich das super verbinden. Als Selbstständiger, hat man manchmal aber die Freiheit auch zu ganz anderen Zeiten an den Bach zum Surfen zu gehen.
Surfst du nachts? Wenn´s nicht anders geht und die Leute stimmen, schon immer wieder. Es gibt ja da noch richtige Gruppen, so wie halt früher unter Tags. Das wird sich wohl auch bald ändern, aber mal sehen. Demnächst wird die Frage wohl eher lauten: Surfst du auch ab drei Uhr?!
Im Winter? Schon, aber nicht sehr oft. Das hat aber auch was mit den kurzen Tagen zu tun.
Mit wem gehst du am häufigsten Eisbachsurfen?
Ich würd mal schätzen dass ich mit Koko so den ”Alt-Herren-Stammtisch“ belege, unabgesprochen kommen da noch ein paar andere Herren dazu. Aber oft treffe ich mich mit Gerry, Tao und ein paar anderen auch immer wieder zum Testen. Am besten ist es aber einfach hin zu gehen und ne gute Zeit mit egal wem zu haben.
Wie viele Eisbachsurfer kennst du gut? Ich würde sagen, das sind so um die 10 -15 Leute.
Wie viele schätzt du gibt es insgesamt in München? Wow, das fällt mir immer noch schwer abzuschätzen. Es gibt ja diverse Zahlen und man geht so im Durchschnitt von ca. 500 – 1000 Aktiven insgesamt (also Bach und Lände) aus. Richtig aktiv im Sinne von dauernd am Surfen dürften es etwas weniger sein.
Du erlebst die Wellenreitszene am Eisbach schon seit sehr vielen Jahren – schon bevor es die Welle gab. Was hat sich alles getan in der Surfszene? Gibt es da Entwicklungen die dich besonders freuen/nerven? Abgesehen von der unweigerlichen Entwicklung des Materials, sind die Moves alleine in den letzten drei Jahren enorm radikal und immer besser, im Sinne von ausgefallener geworden. Das bedingt sich wohl auch gegenseitig. Was die Szene selbst angeht, da bin ich mir in letzter Zeit nicht so sicher, was mich freut oder nervt. Klar dass eine starke Öffentlichkeit zum Erhalt der Welle beigetragen hat, aber auch jede Menge Möchtegernsurfer anzieht. Das ist wohl der Preis den wir zahlen. Was ich schade finde, ist, dass so ein wenig dieser Spirit, dieses leicht Hermetische der früheren Szene verschwunden ist. Da hilft es schon immer wieder die alten Gesichter zu sehen. Auch nervig ist der alte Kampf zwischen den Lagern, wie auch immer man das sehen mag.
Ist es dir schon passiert, dass der Eisbach im Ausland bereits bekannt war? Als Surfreisender war ich nicht so viel unterwegs. Aber beruflich schon und da war das weiteste oder verrückteste Kiev (Ukraine). Wirklich wahr, selbst dort gibt es (zumindest) Einen, der mich drauf angesprochen hat. In Frankreich kennt uns ja fast jeder am Strand!
Welche Profisurfer und Stars hast du schon am Eisbach gesehen? Bis jetzt bewusst nur einen, mit dem ich letztes Jahr ne Runde gefahren bin: Damien Wills. Aber um ehrlich zu sein, finde ich diesen Starkult „weißt du wer heute am Bach ist, da muß ich jetzt unbedingt hin“ ziemlich blöd. Meiner Meinung nach sind unsere ganzen coolen Jungs und Frauen hier eben die Stars, für die es sich lohnt, täglich an den Bach zu gehen. Die sind ja auch schon wieder woanders die Stars. Der einzige, den ich gerne mal am Bach treffen würde, wäre der Eli (Elia).
Was geht dir durch den Kopf, wenn du jemanden mit Neo & Board unterm Arm durch München ziehen siehst? Normal, mittlerweile. Und wenn ich selber hin fahr: Mal sehn wer zuerst im Wasser ist.
Was würde wohl deinen Eltern dabei durch den Kopf gehen? Wundern würden sie sich, auch wenn sie wissen, dass ich das selber mache.
Was ist dein favorite Move am Eisbach? Move?! Ich hab mal dem Matze gegenüber von „skills“ gesprochen, da hat er gelacht. Ein 360er wäre ja nicht schlecht, aber ich fahr halt lieber entspannt. Trocken aussteigen mag ich gern!
Hast du schon dein perfektes Board für den Eisbach gefunden? Ich hatte mal ein Buster Testboard, das war super; so fühlte es sich jedenfalls an. Dann hab ich ein Board vom Koko bekommen: Das hab ich lange sehr gern gefahren. Seit einiger Zeit wechsle ich wegen der Entwicklung der Riversurf-Finnen aber immer zwei bis drei Boards durch und weil ja auch die Welle nie gleich ist, fällt´s mir schwer zu sagen, welches das beste Brett ist.
Beste Veranstaltung des Jahres in München? Die “langen Nächte der XYZ” und mehr oder weniger spontane Sessions mit Kultcharakter am Bach.
Teilnahme und Erfolge bei Riversurf-Contests? Der einzige war einer an der Lände vor Jahren, mit einem traumhaften vorletzten Platz!!!
Hauptunterschied Riversurfing und Meer? Der dürfte wohl im Swell liegen und der Tatsache, dass es am Meer noch mehr Platz gibt. Das Feeling ist immer noch ganz anders, weil du dich wirklich entscheiden musst raus zu gehen und das dann auch tust. Hier ist es eher eine Entscheidung die von anderen Sachen abhängt. Was die Moves angeht, da bewegen sich, zumindest in der radikalen Ecke, die beiden Welten eher auf einander zu, so scheint es zumindest. Da kommt witziger Weise vieles aus den Sportarten, die eigentlich mal aus dem Surfen selbst entstanden sind, also Skaten, Snowboarden etc.
Verstehen Meersurfer das Flusssurfen? Wie finden sie die konstanteste Welle der Welt im Zentrum Münchens? Ich glaube, dass einige neidisch sind - aber für viele ist es eher so eine Art Gimmick dieses Sports.
Lustigste Fragen von Zuschauern auf der Brücke? Hat hier auch schon mal wer Surfen mit Segel probiert?
Lustiger Schwank vom Eisbach? Damien Wills ist im Herbst nach München gekommen und ich hab ihn ja vorher noch nie am Eisbach gesehen. So was kommt ja öfter vor, dass man wen nicht kennt. Es war schon etwas kühler, aber er ist so extrem locker nur in Shorts reingegangen, super gefahren und hatte einen knackig braunen Körper. Frage an ihn, auf deutsch: Na, frisch vom Urlaub zurück? Er sagte auf Englisch: Versteh dich nicht. Also noch mal auf Englisch. Er daraufhin: No, I just arrived yesterday for my holidays in Munich! Da wusste ich noch lange nicht wer er war, und was er hier tat. Aber den Kopf hab ich innerlich geschüttelt, weil ich mir dachte: Wie eigenartig, wenn Leute aus einem Land MIT Sonne UND Meer hierher kommen, um zu surfen!